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Anwendungshilfe Gebäudestandards Minergie


11.1 Erläuterungen zum Reglement

11.1.1 Anforderungen an die minimale Grösse der Eigenstromproduktion

Minergie Gebäude haben das gesamte Dach zur Eigenproduktion zu nutzen. In die objektspezifische MKZ-Anforderung (Grenzwert) wird eine PV-Anlage eingerechnet, welche die gesamte objektspezifische Dachfläche zur Eigenproduktion nutzt. Angenommen wird, dass ein m2 PV-Fläche eine Leistung von 200 W bringt und ein Jahresertrag von 800 kWh/kWp erzielt werden kann. Eine grössere oder effizientere PV-Anlage (effiziente Ausnutzung der Dachfläche oder/und Fassaden-PV) oder andere Formen von Eigenstromproduktionen (WKK, Kleinwindanlagen) sowie Solarthermieanlagen können eingesetzt werden, um die effektive berechnete MKZ des Gebäudes zu verbessern. 

 

11.1.2 Anrechenbarkeit von PV-Anlage und Eigentumsverhältnisse

Bereits bestehende PV-Anlagen dürfen nicht angerechnet werden, wenn deren Leistung bereits zur Erfüllung anderweitiger Minergie-Vorgaben beiträgt.

Eine allfällige Förderung sowie die Eigentumsverhältnisse der PV-Anlage sind nicht relevant. 

Wird bei Minergie-Gebäuden, die geografisch am gleichen Ort stehen, aber nicht nach einem Minergie-Areal zertifiziert werden, eine PV-Anlage für mehrere Gebäude erstellt, so ist die zu erwartende Eigenstromproduktion in Abhängigkeit der EBF auf die Gebäude zu verteilen. Es darf zwischen Minergie und Minergie-P kompensiert werden. Minergie-A Bauten dürfen nur mit anderen Minergie-A Bauten kompensieren. Zudem darf nur unter Neubauten oder unter Erneuerungen kompensiert werden.

Beim Neubau von Mehrfamilienhäusern oder/und Arealen ist zur Optimierung des Eigenverbrauchs und verbesserte Amortisation der installierten PV-Anlagen einen ZEV (Zusammenschluss zum Eigenverbrauch) zu prüfen.

Bei Erfüllung der Eigenproduktionsanforderung mit anderen Technologien als PV-Anlagen gelten diese Regeln sinngemäss.

 

11.1.3 Implizite Anforderung an Dachfläche

Die implizite Anforderung an die Dachfläche wird anhand der zur Verfügung stehenden Dachfläche  berechnet. Dabei wird eine nutzbare Dachfläche definiert, welche sich aus der Summe der gesamten für die PV-Nutzung sinnvollen Teildachflächen ergibt. Da nicht die gesamte nutzbare Dachfläche belegt werden kann (Wartungswege, Sicherheitsvorkehrungen, etc.), wird in einem zweiten Schritt eine belegbare Dachfläche definiert.

Nutzbare Dachfläche (Eingabe in Nachweis)

Ziel der Minergie Gebäude ist es, dass jeweils die ganze Dachfläche sinnvoll zur Eigenproduktion genutzt wird. Hierfür muss im Minergie-Nachweis die gesamte nutzbare Dachfläche angegeben werden. 

Als nutzbare Dachfläche in diesem Sinne gilt die Summe aller Teildachflächen (inkl. Giebeldach und Dachränder), die...

  • grösser als 20 m2 sind

  • einen Winkel von 0° bis 20° gegenüber der Horizontalen haben 

  • einen Winkel bis 60° gegenüber der Horizontalen und eine Ausrichtung zwischen WNW-S-ONO (siehe Abbildung 42) haben

  • nicht unter Schutzstatus stehen

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Abbildung 40: Als nutzbare Dachfläche einzurechnende Dachfläche nach Ausrichtung. Die innerhalb der grün schraffierten Fläche liegenden Teildachflächen gelten als PV-geeignet. Dies sind alle weniger als 20° geneigten Flächen sowie alle weniger als 60° geneigten Fläche, die zwischen WNW (110°) und ONO (-110°) liegen.

 

Angebaute Dachflächen, wie zum Beispiel von Carports sind, sofern sie den oben genannten Anforderungen entsprechen, in die nutzbare Dachfläche einzurechnen. Auf Dachflächen, die im gleichen Bauvorhaben entstehen, ist wann immer möglich auch eine PV-Anlage zu erstellen und dementsprechend sind sie in die nutzbare Dachfläche zu integrieren. Nicht eingerechnet werden müssen angebaute Dachflächen, welche die oben genannten Anforderungen zwar erfüllen, jedoch aufgrund baulicher Gegebenheiten nicht sinnvoll zu belegen sind (z.B. Anbaudächer, welche tiefer gesetzt sind und aufgrund der Eigenverschattung des Gebäudes zu wenig Ertrag (<500kWh/kWp) liefern). Details sind individuell mit der Zertifizierungsstelle zu klären.

Bei Minergie Modernisierungen, welche am Dach keine Veränderungen vornehmen (keine neue Eindeckung oder Abdichtung), kann die Dachfläche als nicht nutzbar deklariert werden. 

Werden Dachflächen aufgrund eines Schutzstatus als nicht nutzbar deklariert, ist dieser der Zertifizierungsstelle detailliert nachzuweisen (z.B. amtlicher Schrieb). Die Zertifizierungsstelle beurteilt, ob der angegebene Schutzstatus für eine Befreiung der PV-Anforderung ausreichend ist.

Belegbare Dachfläche (automatisch im Nachweis umgerechnet)

Es wird angenommen, dass 60 % der bestimmten nutzbaren Dachfläche zur Eigenproduktion nutzbar ist. Dieser Anteil wird folgend belegbare Dachfläche genannt. Bei den restlichen 40 % wird davon ausgegangen, dass diese für Wartungsgänge, Absturzsicherungen, Öffnungen etc. benötigt werden. In der Folge können in der Planung Dachfenster, Kamine, Abluftrohre etc. nicht abgezogen werden.

Die belegbare Dachfläche wird umgerechnet in eine gewichtete Produktionskennzahl (siehe Produktreglement, Anhang B), welche in die Minergie-Kennzahl Anforderung (Grenzwert) einfliesst. Diese Umrechnung geschieht automatisch im Nachweis. Sollten also Teilflächen nicht zur Produktion genutzt werden, obwohl diese geeignet wären und in die MKZ (Grenzwert) eingerechnet sind, besteht die Möglichkeit, die MKZ trotzdem zu erreichen, indem an anderen Stellen optimiert wird (z.B. Gebäudetechnik oder Eigenverbrauch).

Dachbegrünung, Schutzstatus, etc.

Es sind keine Ausnahmeregelungen für die Abminderung der hinterlegten PV-Anforderung für ein volles Dach zulässig. Da es sich um eine implizite Anforderung handelt, besteht bei der Gestaltung des Daches oder über Effizienzmassnahmen genügend Spielraum die MKZ zu erreichen.

Dachbegrünungen sind mit der Photovoltaikanlage zu kombinieren. Kommunale Vorschriften im Rahmen eines Schutzstatus sind zu berücksichtigen und können für Sanierungen geltend gemacht werden, insofern diese die Dachnutzung zur Energieproduktion betreffen.

 

11.1.4 Beispiele zur Bestimmung der nutzbaren Dachfläche

Gebäude mit einer Dachneigung von weniger als 20° (Flachdächer, Pultdächer)

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Abbildung 41: Bei Dachneigungen unter 20° gilt jeweils das ganze Dach als nutzbare Dachfläche und ist für den Nachweis komplett einzurechnen. Die einzurechnenden Flächen sind rot gekennzeichnet.


Gebäude mit einer Dachneigung zwischen 20° und 60° (Satteldächer, Walmdächer, etc.)

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Abbildung 42: Bei Dachneigungen zwischen 20° und 60° sind sämtliche Dachflächen in die nutzbare Dachfläche einzurechnen, die eine Ausrichtung zwischen ONO-S-WNW (+/- 112.4°) haben. Die einzurechnenden Flächen sind rot gekennzeichnet.


Die folgende Grafik gibt anhand einiger Beispielhaften Dachformen Auskunft, wie die Dächer einzurechnen sind. Dunkelrote Flächen sind einzurechnen, hellrote Flächen sind einzurechnen, wenn die Dachneigung 20° unterschreitet und die grau hinterlegten Flächen müssen nicht eingerechnet werden.

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Abbildung 43: Einrechnung der nutzbaren Dachfläche anhand eigener Beispieldächer

* Hinweise zu einzelnen Beispielen:
3. Die Dachgaube muss nur eingerechnet werden, wenn sie mindestens 20 m2 gross ist.
8. Flächen, die nicht als Dachterrasse genutzt werden, sind einzurechnen.